Kabel einspielen

(Wir danken Herrn Dr. E. Kurt für diese  Information,  gesendet per e-mail am 25.06.01)

In der Mikroelektronik schon relativ lange bekannt ist die Migration von Leitbahnen, d.h. die strominduzierte Bewegung von Metallatomen (Gleichstrom, unsymmetrische Impulse). Man unterscheidet die Oberflächenmigration,
Korngrenzenmigration und Migration im Metallkristall, die sich durch ihre Aktivierungsenergien charakterisieren lassen. (Arrhenius-Funktionen=Exponentialfunktionen exp[-(Ea/kT)]).

Alle bekannten Metalle und Metalllegierungen kristallisieren immer unter normalen Bedingungen. Ausnahmen sind die amorphen Metalle, die nur hergestellt werden können durch eine Abkühlungrate von mehreren 1000 K/s. Die Verteilung der
kristallographischen Orientierungen der Metallkristalle (einzeln für sich sind es Einkristalle) ist im allgemeinen chaotisch. Sie sind durch Korngrenzen getrennt. In den Korngrenzen ist die Verunreinigung um Größenordnungen höher als im Metallkristall. Ebenso an den Oberflächen der Leitungen. Um die Aktivierungsenergie für die in der Mikroelektronik
nachteilige Migration heraufzusetzen wurde später dem Aluminium etwa 1% Silizium beilegiert (abgesehen von den geringeren Auflösungerscheinungen am Si-bulk). Um das zu steigern ist später noch Kupfer hinzulegiert worden,
obwohl Cu eine sehr hohe Diffusionsgeschwindigkeit im Si hat (ähnlich Gold) und somit Gift ist und deshalb eine Ti/TiN Barriere notwendig wurde. Eine noch höhere Aktivierungsenergie hat bares Kupfer, wie es heute in der Hochtechnologie nur von sehr erfahrenen Halbleiterproduzenten als Leiterbahnmaterial eingesetzt wird.

Die Migration zeigt sich phänomenologisch zuerst in der Ausbildung von sogenannten Hillocks, kleinen Hügeln auf der Oberfläche, die die Leitbahnkapazität messtechnisch erfassbar erhöhen. Die Oberfläche verliert ihren Hochglanzeffekt und erscheint samtartig stumpf, wie ich es auch bei "Solid-Core"-Kabeln nach langem Betrieb immer wieder beobachten konnte.
Zweitens verändern sich die Korngrenzen dergestalt, dass sich in der Stromvorzugsrichtung und nachfolgender Aufgabelung von Korngrenzen Löcher entstehen und bei Vereinigung von Korngrenzen Hillocks an der Oberfläche oder im Volumen die Korngrenzen mit Material ausdünnen bis diese nur noch durch spezielle metallographische Polierverfahren an polykristallinen Strukturen sichtbar gemacht werden können, das alles wird durch die Ausdiffusion ionogener Verunreinigungen durch das Feld erleichtert. (man kann z.B. sehr schwer zu reinigende Metalle, wie z.B. Zirkonium, durch
riesige Gleichströme von Fremdatomen befreien, diese sammeln sich je nach Atomart entweder an der Kathode oder der Anode)

Die Korngrenzen sind mit Fremdatomen und Molekülen besetzt, sie trennen verschieden orientierte Einkristalle, d.h. diese flächenförmigen Kristallstörungen drehen abrupt (falls sie sich kontaktieren) die Wellenvektorphasen, was je nach Weg die Impulse etwas verschleift (aber gehörtechnisch nicht erfasster sein sollte, da zu gering) aber was viel schlimmer und gehörtechnisch erfasster ist, scheint die eine gedehnte Korngrenze mit ihren polaren Verunreinigungen und teilisolierenden Abstand wie eine Art bipolarer Elektrolytkondensator zu wirken.

Hauptverunreinigungen sind Metalloxide, -hydroxoverbindungen schlechterer Leitfähigkeit kombiniert
mit Nichtmetallkomplexen, die z.T. sogar mit Diodencharakter aufweisen können. Die Eigenschaften von Elektrolytkondensatoren sind ja bekannt, hier muss man sich vor dem "Einspielen, Einbrennen, Formieren" eine Unzahl solcher extrem verlustbehafteten Miniaturkondensatoren in Reihe geschaltet vorstellen, deren Anzahl danach verringert ist bzw. die unwirksamer werden, da gewisse niederohmigere Wege für den Feldverlauf geschaffen worden sind.

Doch dies ist keine einfache lineare Zeitfunktion, sondern entsprechend der Aktivierungsenergie eine logarithmische Zeitfunktion, d.h. am Anfang mehr, auffälliger und mit der Zeit nachlassender aber niemals aufhörender Prozess,
es sei denn alle Verunreinigungen und Defekte sind beseitigt. D.h. wenn die Wirkung von der ersten Stunde kann in etwa diejenige der nächsten 10 Stunden sein und die wiederum der nächsten 100h. Was nur bei sehr stabilen Zuständen
der restlichen Gerätschaften bemerkt werden kann. Hartkristalline Widerstandsmaterialien bewirken manchmal über mehrere Monate eine Änderung der Klangbalance, die äquivalent einer 1...2 manchmal bis zu 3 dB
Hochtönerabsenkung entsprechen.

Wie man sich leicht überlegen kann, hängt dieser Prozess eben von mehreren Faktoren ab: Ausgangsreinheit und Vorgeschichte, Materialkonstante etc. Insbesondere ist die tribochemische Beeinflussung bei der mechanischen
Formung der Drähte nicht zu unterschätzen. Deshalb ist ein regelrechter Kabel-Vodoo überhaupt möglich.

Ebenso wie Kabel können auch Verstärkereinheiten "eingebrannt werden"
(Betrieb an Hochlastwiderständen bis zur Belastungsgrenze).

Bekannt ist aber, dass z.B. Verunreinigungen sich hauptsächlich an Oberflächen befinden (Korngenzen sind Oberflächen für Einkristalle) und damit sind meistens Litzenaufbauten benachteiligter als Solid-Core Drähte,
abgesehen davon dass die gegenseitigen Berührungen der Litzendrähte noch schlechter sind als die Korngrenzen, und dann wirksam werden, wenn äußere Magnetfelder anliegen (Verdrängung).

"Monokristalline" Leiter sind bereits nach der ersten mechanische Beanspruchung multikristallin, wenn auch noch nicht polykristallin, aber Altern, Temperaturerhöhung, Magnetfelder und dergleichen führen wieder dazu, dass der thermodynamisch günstigere Zustand eingenommen wird.

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